Erneuerbare Energieprojekte in der Schweiz – Die Kraft der Elemente
Dank der Wasserkraft stammt bereits ein Grossteil des Schweizer Stroms aus erneuerbarer Produktion. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 soll der Anteil an Ökostrom aber noch deutlich gesteigert werden – vor allem mit Solar-, aber auch mit Windenergie. Wir haben mit dem ID.5 GTX zwei wegweisende Projekte besucht.
Text Reto Neyerlin Fotos Christof René Schmidt
Alle Verbrauchsangaben des Fahrzeugs gelten zum Zeitpunkt der Publikation vom 26.09.2022
Der Gotthardpass ist für Auto- und Motorradfahrer im Sommerhalbjahr eine gern genutzte Alternative zum Strassentunnel – selbst wenn vor diesem kein Stau herrscht. Auch wir verlassen mit dem vollelektrischen ID.5 GTX die Autobahn bei der Ausfahrt Göschenen. Aber nicht der kurvigen Passstrasse oder des Hospizes wegen. Uns lockt die neuste Attraktion auf die Passhöhe auf 2106 Metern über Meer.
Seit Oktober 2020 lassen hier fünf imposante, je 144 Meter hohe Windräder ihre Rotoren kreisen. Zusammen verfügen sie über eine Leistung von 11,75 Megawatt und produzieren jährlich circa 16 Gigawattstunden Strom – genug für sämtliche 4000 Haushalte der Leventina. «Beim Gotthardpass haben wir alle Bedingungen vorgefunden, die es für einen Windpark braucht: viel Wind, Strassen, die sich für den Transport der grossen Windturbinen eignen, sowie ein Hochspannungsnetz», sagt Pietro Jolli, Leiter Kommunikation der Tessiner Elektrizitätsgesellschaft AET, Hauptaktionärin und Betreiberin des Gotthard-Windparks.
Herausforderungen für Windenergie
Bis zur Inbetriebnahme gab es dennoch einige Herausforderungen zu meistern. Da der Pass nur von Ende Mai bis Oktober schneefrei ist, mussten die Bauarbeiten auf zwei Jahre verteilt werden. Damit die Rotoren auch bei eisigen Temperaturen reibungslos laufen, wurden sie mit einer Heizung ausgestattet. Und das Bewilligungsverfahren zog sich – vor allem aufgrund von Einsprachen – insgesamt über 16 Jahre hin.
Der Gotthard-Windpark ist aktuell der zweitgrösste in der Schweiz und beweist, dass Windenergie auch hierzulande Potenzial hat – obwohl deren Anteil am Strommix noch bescheiden ist (s. Box). Ihr Vorteil: Ein Grossteil der Produktion fällt im Winter an. Also dann, wenn die Schweiz tendenziell zu wenig Strom hat. Die Windenergie bildet deshalb einen wichtigen Eckpfeiler in der Energiestrategie 2050 des Bundes, die einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien vorsieht.
Grünstrom für den ID.5 GTX
Ebenfalls Bestandteil der Energiestrategie ist die Abkehr von fossilen Energieträgern. Insbesondere im Verkehrssektor, der im Jahr 2020 für 39 Prozent der CO2-Emissionen in der Schweiz verantwortlich war. Hier heisst die Lösung Elektromobilität. Wie nachhaltig diese inzwischen ist, demonstriert der ID.5 GTX, mit dem wir vom Gotthard weiter über die Furka ins Wallis fahren. Er wird, wie alle Mitglieder der ID. Familie von Volkswagen, bilanziell CO2-neutral hergestellt. Sofern die Käufer ihn ausschliesslich mit Grünstrom laden, ist er das ganze Autoleben über klimaneutral unterwegs.
Dank der Reichweite des ID.5 GTX von bis zu 496 Kilometern erreichen wir ohne Nachladen unser nächstes Ziel – den Lac des Toules, direkt vor dem Strassentunnel des Grossen Sankt Bernhard auf 1800 Metern über Meer gelegen. An diesem Ort sind gleich die beiden bedeutendsten Arten erneuerbarer Energie in der Schweiz vertreten: Mit dem Stausee wird seit 1963 Strom aus Wasserkraft gewonnen. Und auf der Oberfläche des Sees schwimmen 1400 Kollektoren, die die Sonnenstrahlen in Energie umwandeln.
Solaranlage in Alpen effizienter
In alpinen Lagen ist die Photovoltaik besonders produktiv. Denn die dünnere Atmosphäre sorgt für eine stärkere Sonneneinstrahlung, niedrige Durchschnittstemperaturen steigern die Effizienz. Auf dem Lac des Toules kommen zudem doppelseitige Panels zum Einsatz, die die Reflexionen von Wasser, Schnee und Eis erfassen. «Dadurch produziert unser Solarpark um bis zu 50 Prozent mehr Strom als ein vergleichbarer in der Ebene», sagt Maxime Ramstein, Verantwortlicher für erneuerbare Energieprojekte bei Romande Energie.
Die Bedingungen am Grossen Sankt Bernhard stellten die Ingenieure aber ebenfalls vor technische Probleme. Die Anlage muss Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 Stundenkilometern, eineinhalb Meter Schnee, 60 Zentimer Eis sowie Temperaturschwankungen von minus 30 Grad bis 25 Grad standhalten. Gelöst wurde dies unter anderem mit Schwimmkörpern, die am Seegrund befestigt sind und mit dem Wasserpegel steigen und sinken.
Der erste schwimmende Solarpark in einer alpinen Umgebung ist ein Pilotprojekt, die jährliche Produktion von 800 000 Kilowattstunden entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von etwa 230 Haushalten. Auswertungen der seit 2019 betriebenen Anlage zeigen, dass deren Potenzial hoch ist. Deshalb plant Romande Energie einen massiven Ausbauschritt: Der Solarpark soll auf einen Drittel der Seefläche ausgedehnt werden und mit 22 Millionen Kilowattstunden Strom für 6100 Haushalte liefern. Parallel dazu prüft das Westschweizer Energieunternehmen, ihre Technologie auch auf weiteren Stauseen zu installieren.
Laden mit 135 Kilowatt
Bevor wir uns auf den Rückweg machen, gibt es für Mensch und Auto einen Verpflegungsstopp. Während wir bei der Schaukäserei «Laiterie d’Orsières» ein feines Raclette geniessen, fragen wir uns, ob die Energie, die vom Schnelllader mit 135 Kilowatt in den ID.5 GTX fliesst, wohl von den Solarpanels auf dem Stausee stammt. Erfahren werden wir es nie, freuen uns aber, dass dank solch wegweisender Projekte immer mehr Strom in der Schweiz aus erneuerbaren Quellen stammt.
Volkswagen bekennt sich zum Pariser Klimaabkommen und will auf seinem «Way to Zero» als Unternehmen spätestens 2050 klimaneutral sein. Dafür setzt der Konzern auf die E-Mobilität und bringt bis 2030 70 reine E-Modelle auf den Markt. Die Produktionswerke werden auf Ökostrom umgestellt, weiter anfallende Emissionen kompensiert. Zudem unterstützt Volkswagen als erster Automobilhersteller den Ausbau erneuerbarer Energien im grossen Stil, bis 2025 entstehen so in verschiedenen Regionen Europas neue Wind- und Solarparks.