Erste Batteriefabrik von Volkswagen – Mission SalzGiga
Im norddeutschen Salzgitter entsteht die erste Gigafabrik des Volkswagen Konzerns. Ab 2025 wird hier die neue Einheitszelle produziert, die auch im kleinsten ID. Modell zum Einsatz kommen soll. Das Werk, in dem bisher Verbrennungsmotoren gebaut werden, entwickelt sich zum wahren Batterie-Hub – inklusive Recyclinganlage.
Text Reto Neyerlin
Fotos Volkswagen
Da ist nicht nur der Name gigantisch: Auf einer Fläche von rund zwei Millionen Quadratmetern (zirka 280 Fussballfelder) baut der Volkswagen Konzern in Salzgitter seine erste Zellfabrik. Die Kosten für «SalzGiga», eine der aktuell grössten Industriebaustellen Deutschlands: zwei Milliarden Euro.
Nach zweieinhalbjähriger Bauzeit werden hier bereits 2025 die ersten Einheitszellen für den Serieneinsatz vom Band laufen. Die Vorserienfertigung ist in vollem Gange, in der ersten der beiden Fabrikhallen werden aktuell die Industriemaschinen installiert. «Wir befinden uns gut im Zeitplan», bestätigt Andreas Salewsky, Standortleiter des Werks Salzgitter.
VW Werk wird zum Batteriezentrum
Sein Werk ist sinnbildlich für die Transformation, die der Konzern innert weniger Jahre vollzieht. Seit fünf Jahrzehnten werden hier Motoren gebaut, vom 1.5-TSI-Benziner für den T-Roc bis zum Achtliter-W16-Motor im Bugatti Chiron – bis heute insgesamt mehr als 65 Millionen Aggregate. Inzwischen kommen jährlich auch 400 000 Rotoren und Statoren für Elektromotoren aus den Salzgitter-Hallen. Mit den Verbrennungsmotoren soll jedoch spätestens 2030 Schluss sein – und die Belegschaft wird statt Motoren künftig Batteriezellen montieren.
Für die neue Fabrik und die Zellproduktion zeichnet PowerCo verantwortlich, eine 2022 vom Volkswagen Konzern gegründete Batterie-Tochterfirma, die ihren Sitz ebenfalls in Salzgitter hat. Das Unternehmen ist bereits auf knapp 2000 hochspezialisierte Mitarbeiter angewachsen und hat innert kürzester Zeit eine Einheitszelle zur Serienreife entwickelt, welche die Produktion von E-Autos deutlich vereinfachen wird. «Unsere Zelle passt in 80 Prozent aller Volkswagen Modelle, die in den nächsten Jahren auf den Markt kommen», sagt Kai Müller, Finanzvorstand von PowerCo.
Trotz eines fixen, prismatischen Formats kann sie verschiedene chemische Zusammensetzungen aufnehmen. «So lassen sich für Volumenmodelle eher kostengünstige Zellen bauen, während im Premiumbereich teurere Rohstoffe für schnellere Ladezeiten und mehr Performance zum Einsatz kommen werden», erklärt Müller. Und selbst die Feststofftechnologie liesse sich perspektivisch in der Einheitszelle unterbringen.
Weltweit einheitliche Fabriken
Um einen möglichst grossen Skalierungseffekt zu erreichen, werden nicht nur die Batteriezellen standardisiert, sondern auch die Fabriken. «Wir bauen weltweit Standardfabriken in einem Riegelblock-Konzept – mit einheitlichen Gebäuden, Equipment, IT und Logistik», so Müller. Nebst Salzgitter befinden sich im spanischen Valencia und in St. Thomas (Kanada) zwei weitere Fabriken im Aufbau. Die jährliche Gesamtkapazität wird sich auf bis zu 200 Gigawattstunden belaufen, was für die Batterien von zwei Millionen E-Autos ausreicht.
Bis 2030 soll so im Volkswagen Konzern die Hälfte der benötigten Zellen aus eigener Produktion stammen. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Batterie 40 Prozent der Kosten eines Elektroautos ausmacht und aktuell 95 Prozent der Zellen von asiatischen Herstellern stammen, ist das zweifellos einer der grössten Hebel, um die Elektromobilität günstiger zu machen. Und die Grundvoraussetzung, um das kleinste ID. Modell, das 2022 als Studie ID.2all vorgestellt wurde, mit einem Zielpreis von unter 25 000 Euro überhaupt erst zu ermöglichen. Der «Volksstromer» wird 2026 auf den Markt kommen und als eines der ersten Modelle mit den Einheitszellen ausgestattet.
Neue Prozesse für weniger Verbrauch
Zur weiteren Kostensenkung tüfteln die Ingenieure am Batterie-Hub in Salzgitter – nebst der Fabrik sind hier auch die Batterieforschung und -entwicklung sowie das Testzentrum beheimatet – stetig an neuen Produktionsverfahren. Wie etwa der Dry-Coating-Technologie: Statt die Elektroden nass zu beschichten und anschliessend aufwändig zu trocknen, werden Kathode und Anode direkt auf die Trägerfolie gewalzt. Die Trockenbeschichtung, deren Serieneinsatz ab 2026 vorgesehen ist, hat das Potenzial, den Energieverbrauch in der Zellfertigung um rund 30 Prozent zu senken.
Da die Produktion von Batteriezellen grundsätzlich sehr energieintensiv ist, kommt der Herkunft des verwendeten Stroms grosse Bedeutung zu. Der Volkswagen Konzern, beziehungsweise PowerCo, macht auch hier keine halben Sachen: «Unsere Einheitszelle wird ausschliesslich mit Grünstrom hergestellt», betont Kai Müller. Im Falle von Salzgitter handelt es sich um Wind- und Solarstrom aus Norddeutschland, die entsprechenden langfristigen Abnahmeverträge befinden sich in der Unterzeichnungsphase. Und so kann Volkswagen auch mit den neuen, eigenen Batterien das Versprechen aufrechterhalten, seine Elektroautos CO2-neutral an die Kunden auszuliefern.